Da liegt der Wurm begraben: Über den unbekümmerten Umgang mit Entwurmung

Eine regelmäßige Wurmkur beim Hund ist für mich ein Paradebeispiel für eine Fehlentwicklung, ein Krankheitssyndrom des heutigen Gesundheitssystems. Ein Symbol der Schnelllebigkeit, der hartnäckigen Entfernung von der Natur und des immer schlaffer werdenden gesunden Menschenverstandes. Die unscheinbare Wurmtablette soll sauber, schnell und sicher sein. Doch ist die – auf Empfehlung der Tierärzte alle drei Monate verabreichte – Wurmkur tatsächlich so harmlos und effektiv, wie viele denken?

Wurmkur nur bei Befall
Millionen von Hunden wird vierteljährlich eine Wurmpille verabreicht

Weder Kur noch Prophylaxe: Der Mythos Wurmpille

Die moderne Schulmedizin hat uns verwöhnt. Ja verzogen. Und faul gemacht. Alles muss schnell gehen, kleine Wehwehchen und ernsthafte Krankheiten sollen möglichst auf der Stelle verschwinden oder gar nicht zur Vorschein kommen – dafür gibt es Prophylaxe. Deswegen greift der Mensch für sich und seinen Hund zu Tabletten und Spritzen, die alles wieder in Ordnung bringen sollen oder aber erst gar nicht entstehen lassen. Beispiel: Die Wurmprophylaxe. Die Pharmaindustrie hat mit Erfolg eine äußerst zufriedenstellende, von einer erstaunlichen Selbstverständlichkeit flankierte Verbreitung der Wurmtablette erreicht. Und dabei eine Nomenklatur etabliert, die gleichermaßen irreführend wie verharmlosend ist: „Wurmprophylaxe“ und „Wurmkur“. Sie gilt quasi als eine Wunderpille und soll genauso einfach wie effektiv sein. Doch eine regelmäßige Entwurmung bedeutet eine massive Chemiekeule und eine nicht zu verachtende Belastung für den Körper.

Wurmpille wirkt nicht vorbeugend

Das größte Missverständnis liegt in der vermeintlich prophylaktischer Wirkung: Der weit verbreitete Name „Wurmprophylaxe“ ist irreführend. Die Tabletten wirken nämlich keinesfalls vorbeugend, sondern ausschließlich bei Befall und auch nicht längerfristig, sondern nur punktuell, am Tag der Verabreichung. Sie töten also lediglich vorhandene Würmer und Larven ab. Ist der Hund wurmfrei, bekommt aber die Tablette, bringt sie absolut nichts, die Kur ist völlig unnötig: Schon einen Tag nach der Einnahme kann er neue Parasiten aufnehmen. Das bedeutet, dass selbst ein straffer, in vierteljährlichen Intervallen aufgelegter Entwurmungsplan nicht zuverlässig vor Würmern schützen kann.

Ernsthafte Nebenwirkungen der Wurmkur

Viel schlimmer aber als die wegen absenter Würmer unnötig verabreichte Wurmpille ist allerdings ihre Nebenwirkung mit langfristigem Charakter: Die Wurmtabletten zerstören nicht nur – falls überhaupt vorhanden – die schädlichen Parasiten, sondern die komplette Darmflora, das Herz des Immunsystems. Bei regelmäßiger Einnahme auch dauerhaft. Die Konsequenz? Ein gesunder, artgerecht – nicht mit Industriefutter – ernährter Hund ist in der Regel durchaus imstande, selbst mit jeglichen Würmern fertig zu werden. Wie würden die wild lebenden Tiere sonst überleben können? Aber ein Hund, der regelmäßig mit der Chemiekeule traktiert wird, ist anfälliger für Krankheiten und... Würmer. Indem wir dem Hund also regelmäßig eine Wurmtablette verabreichen, machen wir ihm unmöglich, selbst genügend Abwehrkräfte für Parasiten zu entwickeln. Vereinzelt kann die Verabreichung auch zu kurzfristigen Symptomen wie Apathie oder Übelkeit führen. Von einer "Kur" bei der Wurmkur kann also keine Rede sein. Gut gemeint und voll daneben.

Parasiten immer häufiger resistent

Es gibt auch eine besonders ernst zu nehmende Nebenwirkung der chemischen Entwurmung: Aufgrund des massiven Einsatzes der „Wunderpille“ treten immer häufiger Resistenzen auf. Das kann längerfristig ähnlich dramatische Folgen haben wie bei Resistenzen gegen Antibiotika. Wiegt sich der Halter in Sicherheit, weil er seinen Hund pflichtbewusst entwurmt, schlägt die Tablette aber nicht an, kann das bei Herz- oder Lungenwürmern für den Hund auch tödlich enden. Viele Tierärzte raten deswegen, das Wurmmittel von Gabe zu Gabe oder mindestens einmal im Jahr zu wechseln. Ich rate zur Kotuntersuchung.

Entwurmen nur bei Befall

Ist das nicht vollkommen logisch? Würde uns Menschen einfallen, ein starkes Medikament ohne eine Diagnose einzunehmen? Wohl nur einem Hypochonder. Doch genau das tun wir bei unseren Tieren. Auch ich habe in der Vergangenheit bedenkenlos zu der Wurmpille für meinen Hund gegriffen. Bis ich angefangen habe, mich mit der Thematik auseinanderzusetzen. Heute ist das Mittel meiner Wahl eindeutig die Kotuntersuchung. Natürlich ist es angenehmer und ästhetischer, eine Pille zu verabreichen, als mit einem Stäbchen im Kot des Hundes zu wühlen. Gar keine Frage. Doch ist es nicht wert, das geliebte Tier vor unnötigen – und schädlichen – chemischen Substanzen zu bewahren?

Kotuntersuchung mit wurmCHECK

Bei den Recherchen für mein Buch bin ich auf ein Produkt aus der Schweiz gestoßen: den wurmCHECK. Es ist ein Kottest, der nicht durch eine Mikroskop-Untersuchung, sondern mittels einer DNA-Analyse Sicherheit darüber bringen soll, ob und welche Würmer im Hundekörper vorhanden sind. Nach aktuellem Wissensstand bieten konventionelle Kotuntersuchungen – also unter dem Mikroskop –  eine etwa 90 Prozent hohe Treffsicherheit. Die Trefferquote beim wurmCHECK liegt nach Angaben von Patrick Schwarzentruber, dem Produkterfinder und Gründer der Firma MicrosTECH deutlich höher und zwar bei so gut wie 100 Prozent. Wie ein Schweizer Uhrwerk, sozusagen.

wurmCHECK - Entwurmung Hund
Der Hund von Patrick Schwarzentruber, Erfinder von wurmCHECK

Selektive statt strategische Entwurmung

„Die DNA-Analyse der Parasiten ist viel schneller und präziser. Ist die DNA der Parasiten in der Probe, dann finden wir diese“, erklärt Patrick Schwarzentruber. „Wir sind der Meinung, dass eine Entwurmung nur beim Befall erfolgen soll. Weg von der strategischen hin zur selektiven Entwurmung“. Das reduziert nicht nur den Einsatz von chemischen Substanzen, sondern lässt auch gezielt gegen bestimmte Würmer vorgehen. „Lungen- und Herzwürmer werden beispielsweise anders behandelt als Spul- oder Bandwürmer“, ergänzt der Geschäftsführer.

Über 90 % der getesteten Kotproben wurmfrei

Bei den herkömmlichen Tests wird der Kot mit Wasser verdünnt und abgesiebt. Anschließend sucht der Labormitarbeiter unter einem Mikroskop nach Wurmeiern. Das Schweizer Unternehmen MicrostECH, spezialisiert in der mikro- und molekularbiologischen Diagnostik, bietet dagegen eine zuverlässigere DNA-Analyse*. Mit beinahe 100%-iger Sicherheit – als Wissenschaftler weigert sich Patrick Schwarzentruber von absoluten Zahlen zu reden – erlaubt der wurmCHECK eine treffsichere Diagnose. Diese lautet in den meisten Fällen: wurmfrei. „Nur sehr wenige der eingesendeten Proben sind positiv, weniger als 10%“, erläutert Fabienne Hoch, Leiterin Diagnostik. „Die beiden häufigsten Parasiten sind der Spulwurm Toxocara canis und die einzelligen Parasiten, die Giardien.“ Deutet man das Ergebnis globaler – wieso sollten Schweizer Hunde anders sein? -  bedeutet es im Umkehrschluss, dass über 90 % der „prophylaktisch“ entwurmten Hund die Chemiekeule umsonst bekommen.

WurmCHECK unter der Lupe

Bevor ich den wurmCHECK in meinen E-Shop aufgenommen habe, durfte ich das Produkt ausgiebig testen. Der Test funktioniert einfach und unterscheidet sich in der Hinsicht nicht von den herkömmlichen Kot-Tests. Ich habe an drei aufeinander folgenden Tagen eine Kotprobe meiner Hündin gesammelt und in eine Plastikphiole deponiert. Das dreifache Knien, Picken und Sammeln steigert zwar nicht das Vergnügen, erhöht aber die Nachweisbarkeit von Parasiten, weil die Eier nicht zwingend täglich ausgeschieden werden. Danach wird das Plastik-Röhrchen mit der Probe in die mitgelieferte Verpackung verstaut und in die Schweiz geschickt. Das Ergebnis kommt nach drei Tagen, getestet wird die Anwesenheit von Bandwürmern (Echinococcus spp., Dipylidium caninum), Französischem Herzwurm (Angiostrongylus vasorum), Giardien (Giardia spp.), Hakenwürmern (Ancylostoma caninum, Uncinaria stenocephala), Lungenwurm (Crenosoma vulpis), Peitschenwurm (Trichuris vulpis) und Spulwurm (Toxocara canis).

wurmCHECK: Der vollständige Test

Lässt man den Kot vorher untersuchen, kommt eine Entwurmung nur dann zum Einsatz, wenn ein eindeutiger Befund vorliegt. Die Darmflora des Hundes wird also geschont und bleibt dadurch undurchlässiger gegen potenzielle Parasiten. Fällt die Analyse positiv aus – werden also Würmer nachgewiesen – gibt es auch viele naturheilkundliche Alternativen zu der chemischen Wurmpille, die das Gleichgewicht im Körper nicht stören. Aber das ist ein Thema für einen anderen Blogbeitrag....

 

* Neben Mikroskop-Test und der DNA-Analyse gibt es noch den Nachweistest Elisa (Enzyme Linked Immunosorbent Assay), der auf der Interaktion von Antigen und Antikörper sowie einer enzymatischen Farbreaktion beruht.

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